Mythos Badeurlaub: Alle machen ihn, niemand braucht ihn

8 min
Mythos Badeurlaub

Die Sehnsucht nach dem Meer.

Endlich ist er da! Der Sommer erfreut uns mit den warmen Sonnenstrahlen und den angenehmen Temperaturen. Automatisch steigt unsere Lust, mehr Zeit draussen zu verbringen, ins kalte Wasser zu springen, sich abzukühlen und etwas Bräune zu bekommen. Schnell schauen wir nach guten Angeboten für die anstehende Reise, buchen diese und zählen darauf die Tage bis zu den wohlverdientem Badeurlaub.

Was aber, wenn all das nur ein Mythos ist? Was, wenn wir das bloss machen, weil wir es so gelernt haben? Was, wenn wir das alles eigentlich gar nicht wirklich brauchen?

Prototyp Badeurlauber

Schon als Kind wird uns beigebracht, das man im Sommer schön in den Urlaub zu fahren hat und dort dann möglichst den ganzen Tag faul auf der Liege oder dem Badetuch in der Sonne zu liegen. Im Idealfall schön mit Sonnencreme überzogen ein paar Sonnenstrahlen abbekommen und die Seele baumeln lassen. Dabei möglichst noch viel vom leckeren Eis essen, ein paar Kilo zunehmen und sich etwa alle halbe Stunde mal umdrehen, gehörte ebenso dazu.

Hallo Prototyp Badeurlauber!

Oh mein Gott! Du bist so braun geworden!

Nach dem Urlaub konnte man dann endlich die Komplimente abzählen, was für eine schöne Farbe man bekommen hat, die man sich dank dem stundenlangen Faulsein hart erkämpft hat.

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Wie schade nur, dass die Bräune immer nach ein paar wenigen Wochen bereits weg ist, es niemanden mehr interessiert, wie knackig du noch vor wenigen Wochen ausgeschaut hast. Dazu kommt, dass dein Kopf bereits wieder so voller neuer Gedanken ist, dass du am liebsten sofort wieder in den Flieger steigen möchtest um erneut in die Ferne abzuhauen.

Soll es wieder ein Badeurlaub sein? Das denk ich nicht.

Mythos Badeurlaub

Aufstehen. Braun werden. Baden. Heimgehen.

Warum das Ganze?

Es sprechen natürlich mehrere Gründe dafür, warum wir jedes Jahr aufs Neue das Ganze über uns ergehen lassen.

Wir haben es nun so bereits im Kindesalter vermittelt bekommen. Schliesslich arbeiten wir das ganze Jahr hart durch. Schwitzen nach der physisch und/oder auch psychisch harten Arbeit noch etwas im Fitnessstudio, um für diese eine bestimme Woche unseren Körper der Welt präsentieren zu können und uns dabei erholen zu können.

Dick werden nicht vergessen.

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Doch brauchen wir das überhaupt? Oder ist alles bloss ein Mythos, mit dem es aufzuräumen gilt?

Mythos Badeurlaub

Wortwörtlich mal ins kalte Wasser springen.

Mythos aufgeflogen

Neulich habe ich eine Studie gelesen, die sagt, dass verpasster Schlaf mit dem längeren Ausschlafen am Wochenende nicht aufgeholt werden kann. Entweder holen wir uns täglich die Erholung, die unser Körper benötigt, oder wir sehen ein, dass wir etwas ändern müssen.

Auch wenn Ausschlafen am Wochenende etwas unfassbar grossartiges ist, können wir verpasstes leider nicht einfach so nachholen. Sonst müssten wir doch gar nicht mehr in den Urlaub fahren und uns erholen.

Schon mal darüber nachgedacht?

Kann also die benötigte Erholung, die unser Körper braucht auch wirklich in der kurzen Zeit während den Badeferien aufgeladen werden? Ist das eine langfristige Lösung des Problems?

Wie wäre es mit: Nein?

Was unserer Körper wirklich braucht, soll ihm auch im Alltag gegeben werden. So gut es geht. Am besten regelmässig.

Die Psyche hingegen ist da sicherlich etwas wählerischer. Unserer Kopf lässt sich nicht so schnell abschalten und selbst am Wochenende rattern uns Gedankengänge durch den Kopf, die wir nicht so schnell loswerden.

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Also sind die Badeferien nun doch die ultimative Lösung aller Probleme und Sorgen. Können wir nur so wirklich abschalten?

Ääh, nein! Muss dich leider wieder enttäuschen.

Unser Kopf braucht um die täglichen Sorgen und Gedanken des Alltags zu verarbeiten sicherlich Abstand vom Ganzen. Der Abstand lässt sich auch ideal hinkriegen, indem Ablenkung in Form von einer längeren Abwesenheit möglich ist.

Doch genauso ist der nötige Abstand möglich, ohne stundenlang in der Sonne zu verbraten. Bei einer Reise weit weg von Zuhause lässt es sich wunderbar abschalten und auf andere Gedanken zu kommen. Dafür braucht es keinen Strand.

Lange war ich persönlich ebenfalls davon befangen, unbedingt mindestens ein Mal pro Jahr mir zumindest eine Woche “faulen” Urlaub gönnen zu müssen. Bis ich das Ganze hinterfragt habe. Bringt es überhaupt etwas?

Mythos Badeurlaub

Verlassene Buchten abseits vom Massentourismus.

Was du alles verpasst

Wir reisen oft, um fremde Länder und Kulturen kennenzulernen und dabei unsere Seele baumeln zu lassen. Während den Badeferien, in denen du möglichst viel Sonne tanken möchtest und am Abend höchstens ein paar vom Hotel organisierte Animateure anschaust, hast du weder nichts vom Land gesehen noch kennengelernt.

Irgendwie schade, nicht?

Viele wunderschöne Dinge entgehen dir, solange sich deine Bewegungen auf eine 180° Drehung zur Sonne beschränken.

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Du verpasst die lokalen Menschen, die dir zeigen können, was authentisches Reisen wirklich bedeutet. Dadurch verpasst du ebenfalls die lokale Kultur kennenzulernen und einen Eindruck davon zu bekommen, was die Menschen zu denen macht, die sie sind.

Was ist mit all den wundervollen abgelegenen Orten ausserhalb vom Tourismuschaos? Die Orte, die nur so darauf warten, endlich von dir entdeckt zu werden. Ecken, die unvergessliche Erinnerungen schaffen und deine Erinnerung an die Zeit und das Land ein Leben lang prägen?

Verpasse nicht die Möglichkeit, mehr aus deinen Ferien zu machen!

Mythos Badeurlaub

Badeferien mal anders.

Aber, ich will doch baden

Es spricht absolut nichts gegen ein paar Stunden Sonnentanken.

Ich bin kein Verfechter davon, ab und zu mal einfach faul zu sein. Nein, ich liebe es!

Was ich aber überhaupt nicht mag ist, die Umgebung auszublenden, weil man von Früh bis Spät in der Sonne liegen möchte, um sich und seinen Körper eine “Erholung” zu gönnen. Das diese sogenannte Erholung nicht viel bringt, sollte mittlerweile klar sein.

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Sobald du nur faul daliegst ist die Chance, dass deine täglichen Gedanken und Probleme dir wieder in den Kopf stossen, sogar noch viel höher.

Ablenkung heisst die Devise!

Hier ein kleines Beispiel:

Während meinen letzten Sommerurlaub auf Malta verbrachte ich eine Woche voller wunderschöner und wirklich unvergesslicher Eindrücke und gönnte mir dabei auch noch fast täglich eine Dosis Strand uns Sonne.

Wie ist das Möglich?

Gut das du fragst!

In dem du nach dem Aufstehen jeden Tag mindestens eine neue Destination vor Ort entdeckst, dabei dich selbst ein Stück weit findest und dir am späten Nachmittag ein, zwei Stunden etwas Sonne und Meer gönnst, um dich vom Entdeckungsabenteuer erholen zu können und dabei die vielen neugewonnen Eindrücke zu verarbeiten.

Mehr ist wirklich nicht nötig um dabei etwas Bräune abzukriegen, sofern du diese unbedingt immer noch willst. Zusätzlich hast du neben deinen Badeferien einige wundervolle Erinnerungen an das Land, die Kultur und die Menschen gewonnen.

Eine der besten Reisearten!

Mythos Badeurlaub

Schon verlockend, oder?

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6 Comments

  1. 11. July 2017 / 23:35

    Es ist interessant, zu lesen, wie einige wenige Menschen zu wissen glauben, was alles für andere Menschen gut oder nicht gut sein soll… Ich finde es immer wieder erfrischend, “bepilgert” und “bekehrt” zu werden, das zaubert mir immerzu ein Lächeln auf dem Gesicht.

    Zudem kenne auch ich die beste Reiseart; so ist es nicht. Jeder kennt die beste Reiseart. Für sich. Und ich glaube, das ist der springende Punkt: Was sich so liest, als hätte man die einzig gültige Wahrheit entdeckt, mag für den Autor selbst gelten, ist jedoch immer in Relation zu sehen. Der Text liest sich, als seien es die eigenen Erfahrungen (Badeurlaub mit Familie…?) des Autors, die vom selbigen aufgearbeitet und neu überdacht worden sind. Was mich für denjenigen freut, ja wirklich. Und unabhängig davon, dass ich mit den Inhalten dieses Beitrages zu neunzig Prozent einverstanden bin (denn das bin ich tatsächlich, doch darum geht es nicht…), tue ich es mir schwer, dieses als ein allgemein gültiges Raster über die restliche Urlauber-Welt zu legen…

    • Igor
      Author
      12. July 2017 / 6:54

      Herzlichen Dank für deine konstruktive Kritik, Katarzyna. Als Blogger schreibe ich stets aus meiner Sicht. Ob das Geschriebene nun für andere gut ist oder nicht, muss jeder für sich entscheiden. Diesen Entscheid fällen zu können erwarte ich auch von meinen Lesern. Ebenfalls ob man sich davon “bekehren” lässt, ist jedem selbst überlassen. Hier würde ich vielmehr das Wort “inspirieren lassen” bevorzugen. Die Menschen, welche denken, dass sie die beste Reiseart bereits kennen, nehmen sich diesen Artikel auch nicht so sehr zu Herzen. Dann gibt es aber auch welche, die vielleicht mit etwas unzufrieden sind und es durch Artikel wie diesen herausfinden möchten. Auch soll es Menschen geben, die einfach gerne andere Ansichten auf „normale“ Dinge des Lebens interessieren. Verrückt, ich weiss. Von der einzig gültigen Wahrheit spricht hier niemand, sondern bloss von der eigenen. Immer. Was der Badeurlaub mit der Familie damit zu tun hat, verstehe ich nicht ganz. Sehr wahrscheinlich wolltest du mich mit diesem Nebensatz in die Ecke „jung und unerfahren“ positionieren. Mein am Ende verlinkter Artikel “DIE BESTE REISEART” wird dich hoffentlich „erleuchten“.

  2. 29. July 2017 / 8:44

    Den Teutonengrill braucht eigentlich niemand. Da hast du vollkommen recht. Der Teutonengrill wurde erfunden, damit die hart arbeitenden Menschen, so wie Du richtig bemerkst, die Erholung nachholen, die man tatsächlich garnicht nachholen kann. Ein komplizierter Satz ich weiß.
    Der Teutonengrill, so nenne ich Badeurlaub, ist in Wirklichkeit ein interessantes Geschäftsmodell und richtet sich vor allem an die Menschen die im alltäglichen Hamsterrad immer weiter Richtung Burnout steuern. So sparen Arbeitgeber und die Krankenkassen eine Menge von Therapiekosten. Für diese Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, besser gesagt für die Hinauszögerung der Therapienotwenigkeit (im Idealfall bis zum Rentenalter), bezahlen die Gestressten auch noch selbst zur Freude von TUI, AIDA und Co.

    • Igor
      Author
      29. July 2017 / 11:00

      Eine sehr interessante Ergänzug, WoMolix! Danke dafür! Durch Artikel wie diesen versuche ich den Menschen zu zeigen, dass sie mehr aus ihrer Freizeit machen sollten, als sich bloss in der Sonne zu braten. Durch bereichernde Reisen wird auch das Gehirn umgepolt, was längerfristig nützlicher ist, als kurzweiliger Badeurlaub.

  3. 20. November 2017 / 23:33

    Ein sehr interessanter Beitrag, dem ich nur nickend zustimmen kann. Wir alle kennen Menschen für die ist Urlaub immer der selbe Ort, das selbe Hotel, der selbe Strand, gern im Ausland, aber hoffentlich wird dort auch deutsch gesprochen. Wer das mag, der soll es tun, für wen das Erholung ist, der soll das auch weitermachen und auch ich kenne solche Urlaube.

    Als Kind kann man sich nicht dagegen wehren und je kleiner man ist, desto einfacher ist es auch für die Eltern. Das ist also entschuldigt. Seit ich mich aber selber auf den Weg mach die Welt zu erkunden, habe ich niemals einen Bade-/Strand-Urlaub gemacht. Mein erster Urlaub ohne Eltern ging mit einem Freund nach Norwegen, mit dem Auto. Es war großartig. Man fühlte sich frei und konnte machen was man wollte und dann noch Norwegen, natur pur und dann rauf auf den Preikestolen – was für ein Erlebnis.

    Wenn wir heute einen Strand sehen, dann kommen wir meistens gar nicht auf die Idee uns dort hinzulegen und in der Sonne zu braten und wenn wir es doch mal tun, dann denke ich spätestens nach ner halben Stunde ich verpasse gerade irgendetwas.

    • Igor
      Author
      21. November 2017 / 7:44

      Dem kann ich nur zustimmen, Holger! Beim Verfassen von diesem Artikel musste ich oft an deine Worte vom Gastbeitrag hier auf dem Blog denken, wo du genau das ebenfalls thematisierst. Warst sozusagen eine kleine Inspiration hierfür. 😉 Schlussendlich muss jeder für sich herausfinden, was man am liebsten mag. Meine Mission ist bloss, die Menschen zum Nachdenken anzuspornen. 🙂

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